Die Wolke über meinem Kopf

Wenn es dunkel wird und der Kopf im Kopfkissen versinkt, ist dort ein Licht im Raum, das niemand sieht. Ein Gedanke zweifelsohne, fast wie eine Idee, nur nicht ganz so lose, nicht frei und auch nicht leicht. Als stünde eine Wolke über dem Körper, der schlafen will, es nicht kann, und auch nicht wirklich versucht. Schon längst ist er von dem Anblick ergriffen, er sieht den Gedanken über sich schweben, dunkel und grau und schwarz und ein wenig ist es so wie damals in jungen Jahren, man erwachte aus einem Albtraum und sah das Monster in jeder Ecke des Zimmers, doch das nächtliche Monster eines Erwachsenen hat nichts Stoffliches und auch nichts Gefährliches. Aber da ist etwas anderes, noch sehr viel mehr bedrückender als jeder Albtraum: In der Wolke malen Adern aus Angst und Fasern aus Hoffnung das Bild, vor dem man wegläuft, schlichtweg weil es das Bild ist, mit dem man sich früher oder später konfrontiert sieht. Das Bild von sich selbst. Die Dunkelheit ist nun nicht mehr dunkel, die Augen starren die weiße Decke an und das Mondlicht scheint schwach und zierlich durch die halb geöffnete Gardine. Es ist nun nicht mehr dunkel, aber auch nicht hell genug, um eisig klar erkennen zu können, wo man steht, und wo man hinwill. Was man über sich selbst denkt, und was andere von dir denken könnten. So genau weiß man das nicht, und aus diesem Grund spielt die Angst eine so große Rolle in der Nacht, weil sie eben die einzig relevante Emotion unausgesprochener Tatsachen ist. Ehrfürchtig fragt man sich, was man sich selbst vorenthält. Dinge und Ahnungen, die man in sich vermutet, aber gerade deshalb nicht ausgesprochen werden wollen, denn dann wären sie mehr als nur das, Dinge und Ahnungen, sie wären stofflich, sie hätten Körper angenommen, sie wurden ausgesprochen und leben nun als bewusst wahrnehmbare Tatsache weiter, wenn ich morgen aufwache, und wenn ich morgen einschlafe, die Nacht durchschlafe und aufwache, das ändert nichts, denn die Aussprache und das Eingestehen sind irreparabel, festgesetzt. Wie sehr man sich doch vor diesen Wolken fürchten kann, und noch mehr von dem Druck, dem man sich ausgesetzt fühlt, wenn sich der Gedanke in der Nacht in den Raum schleicht, an den dunklen Formen emporklettert, Matratzen und Decken und Kissen überwindet, und sich genau über dem Kopf, der Quelle seiner Existenz, wie eine Wolke ausbreitet, schwarz und grau und ein wenig ist es so wie damals in jungen Jahren, man erwachte aus einem Albtraum und sah dieses Monster in jeder Ecke seines Zimmers, man fürchtete sich, man warf die Decke über sich und plötzlich war das Monster weg, es war einfach weg. Wie einfach es doch wäre, würde die Decke des Erwachsenen das Gleiche mit der Wolke über ihm anstellen, sie einfach auflösen, sie einfach von sich zu lösen.

Beitragsbild: Quelle

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